Sternenkinder, Schmetterlingskinder, Engelskinder, Herzenskinder...?

Gedanken darüber, welche Begriffe wir für unsere toten Kinder finden.

Kinder, die vor, während oder nach der Geburt sterben, stellen uns vor besondere Herausforderungen. Wie soll man über das Unvorstellbare sprechen? Ist der Tod eines so jungen, unschuldigen und kleinen Lebens nicht etwas Unaussprechbares?

Bis heute ist das Thema des Todes von Kindern rund um die Schwangerschaft und Geburt ein Tabu. Eine schmerzvolle Aufgabe, die sich als unausgesprochenes Geheimnis durch viele Familiengeschichten und durch unsere Gesellschaft zieht. Obwohl sie häufig nicht sichtbar sind, hinterlassen diese Kinder Spuren.

Inzwischen haben diese Kinder immerhin geläufige Bezeichnungen. Häufig wird von Sternenkindern, Engelskindern oder Schmetterlingskindern gesprochen. Öffentlich sprechen Frauen davon, dass sie neben den Kindern an der Hand auch noch eines oder mehrere im Herzen tragen. So erfreulich die Tatsache ist, dass diese Kinder jetzt mit einer Benennung ein Stück von ihrer Unsichtbarkeit verlieren, so wenig passend können diese Begriffe sein.

Sternenkinder, Engelskinder, Schmetterlingskinder… All diese niedlichen Begriffe dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kinder, von denen wir sprechen tot sind. Sie schenken uns Eltern nicht ihr erstes Lächeln. Wir schauen ihnen nicht beim Entdecken der Welt zu. Wir können ihnen nicht die Schönheit der Berge oder des Meeres zeigen und wir werden auch nicht Stolz an ihrer Seite ihre Feste des Lebens feiern. Das ist unendlich traurig.

Für Eltern passt die ungeheure Trauer möglicherweise nicht mit dem niedlichen Begriff des Sternenkindes zusammen. Und sind die Sterne denn wirklich der Ort, an dem ich mir mein verstorbenes Kind vorstellen will? Für Angehörige ist es vielleicht tröstlich zu sagen, dass das Kind jetzt ein „Engelchen“ ist. Aber passt diese Vorstellung für die trauernden Eltern und können wir das wirklich glauben?

So wie auch lebende Kinder neben ihrem Rufnamen einen Spitznamen haben, der zu ihnen passt und sich aus dem Alltag heraus entwickelt, dürfen auch Eltern von verstorbenen Kindern einen stimmigen Namen finden. Ist es wirklich ein ‚Engelchen‘ oder ein ‚Schmetterling‘ oder der ‚kleine Fuchs‘ oder das ‚Würmchen‘? Möglicherweise ändert sich diese Bezeichnung auch mit der Zeit.

In der Begleitung von Familien geht es viel um die Frage nach Selbstbestimmung und Selbstermächtigung. Wie viel Selbstbestimmung liegt in der Benennung des Kindes nicht nur mit einem Ruf-, sondern auch mit einem Spitznamen. Welche Wohltat kann da die Nachfrage vom Fachpersonal sein: „Wer ist das?“

Bei Nachfragen im turbulenten Alltag ist dann die Bezeichnung Sternenkind nützlich, weil sie keiner großen Erklärung bedarf. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass das worüber wir da Sprechen ein Kind ist, das nicht mehr lebt und mit diesem Kind Eltern geboren wurden, die trauern.